Neue Impulse für das Gesundheitssystem
Weltweit wird die Zahl der Tumorerkrankungen in den nächsten 20 Jahren deutlich steigen. In Deutschland bekommen aktuell rund 500.000 Menschen im Jahr die Diagnose „Krebs“ gestellt. Hierzulande sind nach Aussage von Professor Dr. med. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender und Wissenschaftlicher Vorstand des Deutschen Krebsforschungszentrums, rund 40 Prozent aller Krebsfälle auf einige wenige, aber doch sehr verbreitete Risikofaktoren zurückzuführen: „Tabak- und Alkoholkonsum, Ernährung, Übergewicht, Bewegungsmangel sowie bestimmte Infektionen.“ Ein großer Teil der Krebserkrankungen könnte seiner Aussage nach durch eine konsequente Primärprävention verhindert werden. Zusammen mit einer konsequenten Früherkennung könnte „die Krebssterblichkeit sogar um bis zu 70 Prozent“ gesenkt werden, schreibt Baumann in einem Artikel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Doch mit der Primärprävention ist das so eine Sache. Zwar werden seit dem Jahr 2017 laut Professorin Dr. med. Christiane Woopen, der geschäftsführenden Direktorin des Cologne Center of Ethics, Rights, Economics and Social Sciences of Health (ceres), in Deutschland jeden Tag mehr als eine Milliarde Euro für Gesundheit ausgegeben. Dies bedeutet fast zwölf Prozent des Bruttonlandproduktes. Doch der Hauptteil wird für die Behandlung von individuellen Erkrankungen und Beschwerden ausgegeben. Auf der anderen Seite betragen die Ausgaben für Prävention inklusive Früherkennung, Gesundheitsschutz und -förderung nur rund 13 Milliarden Euro.
Das Potenzial der Primärprävention ist aber gewaltig. Und doch ist es eine Herausforderung, die hierzulande 80 Millionen Menschen mit diesem Thema zu erreichen. Zumal junge Akademiker anders angesprochen werden müssen, als Menschen mit einem geringen Gesundheitsbewusstsein. Es bedarf zielgruppengerechter Maßnahmen und Angebote, dafür ist eine interdisziplinäre und institutionenübergreifende Zusammenarbeit erforderlich.
Eine Bündelung von gesundheitsrelevantem Wissen könnte nach Ansicht von Woopen „die medizinische Versorgungsqualität verbessern, Erkenntnisse für die Prävention gewinnen und die Gesundheitskompetenz der einzelnen Menschen erhöhen.“ In Deutschland mangelt es aber noch an der Umsetzung des Prinzips „Health in all Policies“. Daher drängen internationale Akteure auf den Markt, die sich mit Big-Data-Analysen und künstlicher Intelligenz der gesundheitsrelevanten Daten annehmen, die ein großes Potenzial bieten. Perspektivisch können dadurch Risiken für Einzelpersonen hinsichtlich späterer Erkrankungen besser bestimmt werden oder aber individuelle Präventionsstrategien und personalisierte Therapien gestaltet werden.
Doch nicht nur digital gibt es noch viele Entwicklungsmöglichkeiten. Das Deutsche Krebsforschungszentrum baut mit der Deutschen Krebshilfe das Nationale Krebspräventionszentrum eine besondere Pioniereinrichtung auf. Hier sollen Prävention, Präventionsforschung, Ausbildung und Outreach zusammenlaufen. Bürgern werden in Ambulanzen personalisierte Beratungsangebote gemacht, denn besonders wichtig ist es, gerade Menschen mit geringem Gesundheitsbewusstsein anzusprechen. Über Outreach-Programme werden die Konzepte in ganz Deutschland in die Fläche getragen.
Baumann plädiert dafür eine Gesetzgebung zu schaffen, „die es allen erleichtert, gesundheitsbewusst zu leben“. Für einen konsequenten (krebs-)präventiven Lebensstil kommt es aber auch auf jeden Einzelnen selbst an.
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Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes
Stressmanagement- und Gesundheitsexpertin
Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung