CSA Interview Reihe – Nicola Winter
Liebe Nicola, du hast in deinem Leben schon viele verschiedene Berufe gelernt – Kampfflugzeugpilotin bei der Bundeswehr, Dozentin für Notfall- und Krisenmanagement, 2022 wurdest du als Raumfahrerin in Reserve des Europäischen Astronautenkorps der ESA vorgestellt. Warum beginnst du immer etwas Neues?
Ich beginne nichts ganz Neues – ich erweitere mein Wissen und meine Fähigkeiten. Vor allem aus Freude am Lernen und aus Neugierde. Wir leben hier in Europa so privilegiert, so gut gebildet, da habe ich so viele Möglichkeiten das Leben zu entdecken und schöne Dinge zu tun. Da tue ich sie einfach gerne!
In deinen Vorträgen sprichst du darüber, was du in deiner Zeit als Bundeswehroffizier gelernt hat, wie moderne, empathische Führung auch großer Persönlichkeiten funktioniert und wie man selbst im kritischsten Moment die Nerven behält. Funktioniert das auch in weniger „spektakulären“ Berufen?
Natürlich! Sogar noch viel besser- denn je mehr Zeit und Ruhe ich habe, desto besonnener, überlegter und erfolgreicher kann ich gute Führung angehen, ausprobieren und leben. Gerade wenn es wirklich kritisch wird, kann ich nicht immer empathisch führen. Das muss ich dann vorher tun und mich in der Krise auf das angesammelte Vertrauen verlassen. Habe ich keine hochkritische Situation, kann ich meine Mitarbeiter immer mit einbeziehen und ihnen Raum für Ihre Ideen geben.
In deinen Vorträgen gibst du Führungskräften und Teams Tipps, wie sie mit Rückschlägen, Krisen und Stress umgehen, wie sie den Überblick und den Fokus auf das Wichtige behalten und wie Ziele konsequent umgesetzt werden können. Was gibt es da für Voraussetzungen? Und welche Herausforderungen gibt es vielleicht?
Voraussetzungen gibt es keine – jeder kann das jederzeit lernen und ganz schnell umsetzen. Die Herausforderung ist, sich selbst wirklich ehrlich zu beobachten und die eigenen Stärken und Schwächen anzuerkennen. Um den richtigen Fokus setzen zu können, muss ich zwingend wissen, was meine echten Prioritäten sind – nicht die Prioritäten, die ich gerne hätte, sondern die ich lebe! Ich muss mir meiner selbst und meiner Motivation bewusst werden. Dann kann ich auch Krisen gut durchstehen. Es kann aber ein schwieriger Prozess sein, wirklich ehrlich mit mir selber zu sein. Aber ein sehr lohnenswerter – denn dann kann ich im Einklang mit meinen Werten leben und arbeiten und bin quasi unverwundbar!